Schon lange wollte ich ein Buch des französischen Autors François Lelord lesen. So zögerte ich nicht, als ich vor einigen Wochen in der Bücherei hier am Ort sein Buch „Die kleine Souvenirverkäuferin“ sah – und lieh es aus.
Was ich davon halte, zeigt der folgende Bericht.
Die kleine Souvenirverkäuferin
Autor: François Lelord
Erscheinungsdatum in Deutschland: 16. April 2012
Verlag: Piper
Seitenzahl: 320
ISBN-Nummer: 978-3492054904
Ich habe aus der Bücherei die Hardcoverausgabe des Buches ausgeliehen, die neu für 16,99 Euro in Deutschland zu kaufen ist.
Seit Juli 2013 gibt es auch eine Taschenbuchausgabe, die in Deutschland 9,99 Euro kostet.
Über François Lelord
François Lelord ist ein französischer Schriftsteller, Jahrgang 1953. Nachdem er Medizin und Psychologie studiert hatte, ergriff er den Beruf des Psychiaters.
1996 schloss er jedoch seine Praxis – und beschäftigte sich dann damit, Bücher zu schreiben und seinen Lesern einige wichtige Fragen, die das Leben ausmachen, zu beantworten. Zu diesem Zweck reiste er viel.
Seit 2004 lebt er abwechselnd in Paris (Frankfurt) und Hanoi (Vietnam) und ist in Hanoi Psychiater an der französischen Klinik.
Bekannt wurde er durch seine Romane über Hector – beispielsweise „Hectors Reise oder die Suche nach dem Glück“ und „Hector und die Geheimnisse der Liebe“.
Leseprobe
Eine vom Verlag genehmigte Leseprobe findet man, wenn man die Homepage des Internet-Händlers Amazon aufruft, das Buch „Die kleine Souvenirverkäuferin“ aufruft und anschließend auf „hier klicken – Blick ins Buch“ klickt (diese Aufforderung befindet sich oberhalb des Fotos zu dem Buch). So ist es möglich, einige Seiten des Buches zu lesen.
Julien ist Arzt in Hanoi – oder: Die Handlung
Vietnam in den 90er-Jahren: Der französische Arzt Julien arbeitet in einem Krankenhaus in Hanoi. Er lernt die vietnamesische Sprache, um die Leute besser verstehen zu können.
Auf einmal fordert ein rätselhaftes Virus Todesopfer. Schwester Marie-Angélique stirbt im Krankenhaus.
Julien reist mit seiner englischen Kollegin Clea in die Berge, wo der Ursprung des Fiebers vermutet wird. Vielleicht kann man jetzt den Erreger „enttarnen“.
In Juliens Abwesenheit wird in Hanoi eine kleine Souvenirverkäuferin verhaftet. Julien hatte sich mit ihr angefreundet, als er sie ab und zu am Seeufer traf. Ihm gefiel, dass sie nicht so aufdringlich war wie andere Souvenirverkäufer, die Europäern immer Sachen verkaufen wollen.
Dem vietnamesischen Staat ist der Kontakt zwischen Einheimischen und Ausländern ein Dorn im Auge. Aber wenn die Souvenirverkäuferin verhaftet ist, kann sie ihrer Familie, die in einem Dorf lebt, kein Geld mehr schicken.
Juliens Gefühle sind hin- und hergerissen zwischen der Souvenirverkäuferin und seiner englischen Kollegin Clea, die mit einer Leichtigkeit die vietnamesische Sprache zu erlernen schien. Doch auf einmal wird Clea krank. Vermutet wird, dass sie sich mit der Krankheit, die Schwester Marie-Angélique und vielen anderen Menschen den Tod brachte, angesteckt hat…
Ziemlich unspektakulär – oder: meine Leseerfahrung
Ich hatte mich auf die Lektüre von „Die kleine Souvenirhändlerin“ gefreut. Ich erwartete ein nettes Buch – einen Roman mit einer interessanten Handlung und einigen Lebensweisheiten. Wahrscheinlich, weil der Autor ein Psychiater ist und ich von einem Psychiater Lebensweisheiten, verpackt in einem klugen Roman, erwarte. Diese Erwartungen wurden allerdings nicht erfüllt.
Das Buch ist in sehr einfachem Schreibstil geschrieben. Also: kurze Sätze, Dialoge, aber auch indirekte Rede. Alles nicht kompliziert formuliert. Dafür, dass es hier unter anderem um Ärzte und ein Krankenhaus geht, spart der Autor mit Fachjargon. Das finde ich in Ordnung. Leser ab 12 Jahren dürften also durchaus mit diesem Buch zurechtkommen.
Weiterhin beglückt der Autor den Leser mit der auktorialen Erzählperspektive im Imperfekt. Das bedeutet: kein Ich-Erzähler ist vorhanden – und die Vergangenheit im Imperfekt (Beispiel: er rief, er ging) ist sowieso eine Erzählzeit, die im Deutschen üblich ist und von deutschsprachigen Lesern bevorzugt wird.
Was für ein Roman will also „Die kleine Souvenirhändlerin“ sein? Will es ein Vietnamroman sein, also ein Roman, in dem ich als Leserin einiges über ein fernes, faszinierendes Land in Asien erfahre? Am Anfang schafft es der Roman tatsächlich, einen Hauch von Vietnam-Atmosphäre zu vermitteln – in dem Moment, als Julien am See sitzt, sich entspannt und die vietnamesische Souvenirhändlerin kommt. Hier entstehen lebendige Bilder vor meinem Auge, ich meine, den fernen Osten Asiens zu riechen – ich sehe Touristen, die inmitten einer traumhaften Landschaft von Souvenirverkäufern bedrängt werden.
Jedoch verliert sich die faszinierende Vietnamatmosphäre – dieser Zauber, den ich während der Anfangskapitel empfand – sehr schnell während der weiteren Lektüre.
Vietnam ist gefährlich – ja. Man sieht es nicht gerne, wenn Vietnamesen sich mit Ausländern unterhalten und engeren Kontakt mit ihnen haben. Auch dieser Aspekt wird in diesem Buch nur angerissen – ich verspürte keinen Augenblick lang beim Lesen des Buches, dass sich einer der Protagonisten in einer prekären Situation, verursacht durch vietnamesische Polizei oder andere Sicherheitsdienste, befinden könne…
Dass das Virus gefährlich war, gegen den Julien und Clea zu kämpfen versuchten, wurde in der Handlung dargestellt. Allerdings hätte ich hier eine Art Medizinthriller erwartet, damit mich dieser Aspekt packen und mitreißen kann. Mich dazu bringt, die Seiten atemlos umzublättern, um zu wissen, wie es weitergeht. Spannende Handlung, die einen authentischen, mitreißenden Kampf gegen ein Virus anschaulich gestaltet, bekomme ich in dem Buch aber nicht. Das Buch ist eher ruhig und beschaulich, die Protagonisten zu wenig angespannt, um ernsthaft nach einer Lösung zu suchen. Das führt dazu, dass ich als Leserin nie den Eindruck bekomme, dass dieses Virus äußerst gefährlich sein könnte.
Der Klappentext des Buches lässt auf eine Liebesgeschichte schließen. Auch das ist „Die kleine Souvenirverkäuferin“ nicht. Dazu ist das Buch zu oberflächlich, die Beziehung zwischen den einzelnen Protagonisten zu wenig tiefgründig, die Charaktere nicht emotional genug.
Als ich das Buch ausgelesen habe, denke ich, dass ich großartige Lektüre erwartet habe, aber nur Mittelmaß bekam. Ein Reiseführer über Vietnam wäre hier wohl mitreißender gewesen…
Mein Fazit
„Die kleine Souvenirverkäuferin“ von François Lelord ist ein unkompliziert verfasstes Buch über zwei Ärzte, die versuchen, die Ursache für den Ausbruch einer Viruserkrankung zu finden. Auch eine vietnamesische Souvenirverkäuferin kommt in dem Buch vor, da das Buch in Vietnam spielt.
Man kann das Buch lesen – muss es aber nicht gelesen haben. Mir war/ist es zu unspektakulär und zu unaufregend.
Ich vergebe drei von fünf Sternen und eine Leseempfehlung für Leute ab 12 Jahren, die ruhige Romane mögen.
P.S.: Diese Rezension erschien bereits bei der Verbraucherplattform Ciao.de unter meinem dortigen Nicknamen „Sydneysider47“.