Manchmal ist es gut, wenn man plant, ein Buch zu tauschen. Dann liest man es endlich mal. Und genau deswegen habe ich das Buch
Reihenhausblues
der deutschen Autorin
Karin Hartig
gelesen, nachdem es einige Jahre hier ungelesen herumlag. Ich habe es bereits gegen ein anderes Buch eingetauscht. Eine Bekannte interessierte sich für dieses Buch und hat mir im Tausch ein anderes geschickt.
Wie ich das Buch „Reihenhausblues“ fand, zeigt der folgende Bericht.
Informationen zum Buch „Reihenhausblues“ von Karin Hartig
erschienen in Deutschland: 1997
Verlag: Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt
ISBN-Nummer: 3-596-50463-5 (diese ISBN-Nummer hat meine Sonderausgabe)
Seitenzahl: 383 Seiten
Mir liegt eine Sonderausgabe des Buches vor, die im Juni 2001 erschien und zu DM-Zeiten im deutschen Buchhandel 8 D-Mark kostete. Umgerechnet sind das ungefähr 4 Euro.
Über Karin Hartig
Die deutsche Autorin Karin Hartig wurde 1959 geboren und wuchs in Australien und Belgien auf. Zuerst studierte sie Musikwissenschaft, wurde dann in Köln Redakteurin und war für diverse Tageszeitungen tätig.
Anschließend machte sie sich als freie Journalistin in Aachen selbständig.
Die Autorin ist verheiratet und hat vier Kinder. Aus ihrer Feder stammen auch die Bücher „Ehemänner und andere Irrtümer“ sowie „Ein Hausfreund kommt selten allein“.
Leseprobe
Da das Buch schon 18 Jahre alt ist, kann ich keine Leseprobe im Internet finden und deswegen auch keinen Link dazu angeben.
Hausfrau Corinna verspürt gähnende Langeweile – oder: die Handlung
Corinna Beifuß ist 33 Jahre alt und verheiratet mit Benno. Die beiden haben einen achtjährigen Sohn, namens Julian.
Die Familie wohnt in einer Reihenhaussiedlung in Mühlstetten bei Frankfurt am Main.
Corinna empfindet ihr Hausfrauendasein als langweilig – auch als die Waschmaschine kaputtgeht und sie beim Einkaufen aus Versehen den Autoschlüssel des Familienautos abbricht.
Um sich ihre Langeweile zu vertreiben, trinkt sie gerne alkoholische Getränke mit ihrer Freundin und Nachbarin Andrea. So lange, bis sie beide blau sind und sich die folgenden beiden Tage mit einem üblen Kater herumplagen müssen.
Nebenbei beobachtet Corinna noch die Nachbarn. Im Nebenhaus ist beispielsweise ein Ornithologe (Vogelkundler) aus Bayern eingezogen, der ihr viele Vogelarten erklärt. Nicht nur seine Geschwätzigkeit fällt Corinna auf den Geist, sondern auch die Tatsache, dass er ein Klavier hat. Dann gibt es das kinderlose Ehepaar, dass sich die besten Urlaubsreisen leisten kann, während Corinna mit ihrer kleinen Familie zu Hause hockt und sich langweilt.
Corinnas Alltag besteht auch noch darin, einen Staubsaugervertreter zu empfangen, der ihr einen Staubsauger für 999,— D-Mark (circa 500 Euro) andrehen will – was sie aber geistesgegenwärtig ablehnt. Weiterhin aus Friseurbesuchen und der Beaufsichtigung eines Technikers, der die Waschmaschine reparieren soll und ihr auf Hessisch erklärt, dass der Kauf einer neuen Waschmaschine ratsamer wäre als eine Reparatur.
So kann es nicht weitergehen, denkt sich Corinna und sucht sich einen Job. Glücksselig ist sie, als sie einen Job als freiberufliche Fotografin für eine Zeitung bekommt! Und schon bald muss sie ihr Können unter Beweis stellen. Der Job ist stressiger, als sie denkt: zu vier bis sechs Terminen hetzen, Bilder schießen und die Bilder dann auch noch entwickeln und ihrem Chef präsentieren. Aber Corinna ist gewillt, sich nicht unterkriegen zu lassen.
Geschmeichelt ist sie, als ihr Rüdiger Schuffhauer, der bei einem Radiosender arbeitet, Avancen macht. Aber auch ihr Mann Benno scheint auf einmal fremd zu gehen. Er ist von Marianne, die eine Ausbildung in seinem Reisebüro macht, doch mehr angetan, als es Corinna lieb ist. Die Ehe zwischen Corinna und Benno erlebt eine Krise…
Schreibstil
Die Autorin beglückt ihre Leser mit einem frechen, unbeschwerten und amüsanten Schreibstil. Ab und zu liest man hessische Sprachbrocken und auch Sätze – aber auch witzige Wort-Neukreationen. So ist „anthrazitfarben gewandet“ ein anderer Ausdruck für „in anthrazitfarbener Kleidung“. Und den Satz „Sie sind das reinste Bazillenmutterschiff!“ sagt Corinna zu einem Fotographen, der eigentlich ins Bett gehört und ständig niest und so seine Bazillen überall in einem Büro verbreitet. „Bazillenmutterschiff “ – das habe ich noch nie gehört. Es klingt lustig.
Das Buch ist in der Ich-Perspektive im Imperfekt (Vergangenheit) geschrieben. Es lässt sich leicht und flüssig lesen, da es viele Dialoge beinhaltet. Alle diese Eigenschaften verleihen der Lektüre viel Pfiffigkeit und macht sie amüsant.
Unterbrochen wird diese Leichtigkeit des Schreibstils ab und zu durch lange Schachtelsätze, in denen – für meinen Geschmack – zu viele Adjektive enthalten sind. Ein Beispiel habe ich:
„Die Pfanne sah genauso aus wie diejenige aus Villariba, die man dank eines segensreichen neuen Spülmittels im Handumdrehen spiegelblank bekam, während die höchst bedauernswerten Einwohner von Villabajo mangels kongenialer grüner Flüssigkeit noch unter enormem Kraftaufwand scheuern mussten und erst im Morgengrauen zum Feiern kamen, wenn in Villariba alles schon sinnlos betrunken in der Ecke lag.“
(Zitat aus Seite 137 des Buches. Natürlich gehört dieses Zitat immer noch dem rechtlichen Eigentümer – der Autorin also. Es soll nur meine Rezension unterstützen).
Uff! Was für ein mit Adjektiven überladener Schachtelsatz – mit vielen Nebensätzen! Er erinnert mich an den Lateinunterricht in der Schule!
Zum Glück tauchen solche Schachtelsätze nicht ständig auf – die Lektüre würde mich sonst schneller ermüden…
Corinnas Hausfrauen-Idylle – oder: Meine Leseerfahrung
Corinna Beifuß ist eine Frau mit der Intelligenz eines Stöckelschuhs. Sie langweilt sich ohne Ende in ihrem Hausfrauendasein. Deswegen besäuft sie sich mit ihrer Nachbarin Andrea oder beobachtet andere Nachbarn und regt sich über sie auf.
Genauso beginnt das Buch – und geht so weiter. Seitenlang. Während der ersten 70 Seiten des Buches war ich immer wieder nahe daran, die Lektüre abzubrechen. Wie kann man nur so blöd sein wie diese Corinna!, schoss mir beim Lesen mehrmals durch den Kopf. Warum ist sie nicht dankbar, dass sie einen netten Mann und einen gesunden Sohn hat? Nee, das findet sie langweilig! Sie sollte einmal einen Tag mit meinem schwerbehinderten Sohn verbringen – da würde sie schon merken, was für ein schönes Leben sie hat!
Ich habe nicht ein einziges Mal gelesen, dass sie ihre Wohnung putzt. Wahrscheinlich hat sie eine Wohnung, die sich selbst reinigt.
Und warum langweilt sie sich? Weil sie die Intelligenz einer Schraube hat. In den 1990er-Jahren, in denen das Buch spielt, gab es schon Videorekorder, Kinos und Theater. Warum geht sie nicht mal ins Kino oder sieht sich einen Film auf Video an, wenn sie ihr Leben so anödet? Warum liest sie kein gutes Buch?
Ab und zu entrang sich mir ein Lachen, wenn ich Sätze im hessischen Dialekt las, den die Autorin gut zu beherrschen scheint.
Flaue Lektüre, dachte ich solange, bis Corinna sich bei der Zeitungsredaktion vorstellte, deren Chef ihr den Job als freiberufliche Fotografin anbot. Auf einmal interessierte mich das Buch – auf einmal bekam die Lektüre „Biss“! Ich mochte das Betriebsklima der Zeitungskollegen unter sich, mir gefielen ihre coolen Bemerkungen, ich mochte diese Büroatmosphäre – und ich fand es klasse, über diesen Stress zu lesen, den Corinna hatte, wenn sie Bilder für die Zeitung schoss und dafür von Termin zu Termin hetzte. Da wurde in mir Schadenfreude wach. Denn endlich musste sich diese Corinna WIRKLICH anstrengen!
Dieses Interesse an Corinnas Fotografiertätigkeit hielt mich an der Lektüre. So schaffte ich es auch, die Episoden über Corinnas Privatleben zu verkraften. Immerhin stand es mit ihrer Beziehung zu Benno nicht zum besten.
Gerettet hat das Buch neben den witzigen Formulierkünsten der Autorin auch ihre Ironie. Beispielsweise beschreibt sie einmal eine Art „Tupperparty“ – natürlich heißt die Firma in dem Buch nicht „Tupperware“, sondern hat einen originellen, lustigen Namen. Ein anderes Mal liest man von einer Miss-Wahl – das ist auch herrlich zu lesen. Wenn ich solche Episoden lese, vergesse ich fast schon, wie blöd diese Corinna ist. An solchen Stellen macht das Buch richtig Spaß. Und das ist gut so. Denn ein Buch, über das ich mich ärgere, bringt mich persönlich nicht weiter.
Mein Fazit
Das Buch „Reihenhausblues“ hat mich oft wegen seines Schreibstils und wegen ironisch dargestellter Szenen amüsiert und mitgerissen. Manchmal fand ich das Buch zu überzogen, und die Hauptfigur Corinna mochte ich nicht.
Die Zielgruppe für dieses Buch sind eindeutig Frauen.
Ich vergebe diesem Buch drei Sterne und empfehle es weiter. Mein Exemplar habe ich bereits gegen ein anderes Buch eingetauscht.
P.S.: Dieser Bericht erschien bereits in ähnlicher Form bei Ciao.de, wo ich als „Sydneysider47“ Rezensionen und andere Berichte veröffentliche.