Ich wollte seit langem wieder einen Krimi lesen. Unblutig sollte er sein, ich wollte etwas lesen über Ermittlungen in einem Mordfall, über Polizeiarbeit, über verdächtige Personen. Meine Wahl fiel auf
Der einzige Ausweg
von Antonio Hill. Ein Barcelona-Krimi ist das. Das war mir sofort sympathisch, denn Barcelona (eine Stadt in Spanien) habe ich schon besucht. Ob sich die Lektüre des Buches lohnt, zeigt der folgende Bericht.
Kurzinformationen zum Buch
Titel: Der einzige Ausweg
Autor: Antonio Hill
Erscheinungsdatum in Deutschland: 9. Dezember 2013
Verlag: Suhrkamp
ISBN-Nummer: 978-3518464878
Seitenzahl: 390 Seiten
Das Buch ist als Taschenbuchausgabe erschienen und kostet im deutschen Buchhandel 9,99 Euro.
Über Antonio Hill
Antonio Hill ist ein spanischer Autor, der 1966 in Barcelona geboren wurde. Nachdem er ein Psychologiestudium absolviert hatte, war er als Übersetzer tätig. Er übersetzte unter anderem Bücher von Jonathan Safran Foer und A. L. Kennedy ins Spanische.
„Der einzige Ausweg“ ist Hills zweiter Krimi rund um den Inspektor Héctor Salgado.
Leseprobe
Eine vom Verlag genehmigte Leseprobe gibt es unter folgendem Link:
http://www.vorablesen.de/sites/vorablesen.de/files/buecher/leseproben/lp_hill.pdf
Über eine tote Frau aus Österreich, drei tote Hunde und Héctor Salgado – oder: die Handlung
Zu Beginn des Romans lernt der Leser Héctor Salgado kennen, einen Inspektor, der sich im Vorweihnachtsrummel Barcelonas aufhält.
Er hängt seinen Gedanken nach. Am liebsten würde er im nächsten Jahr aus Spanien fliehen. In einem Laden entdeckt er Spielzeugsoldaten, deren Berührung in ihm ein ungutes Gefühl hervorrufen. Als er eine Schneekugel sieht, erinnert er sich an seine Frau Ruth. Ruth, die ganz plötzlich verschwand. Niemand hat je herausgefunden, wo sie ist. Manchmal meint Héctor, sie sei gestorben.
Seitdem erzieht er seinen 14-jährigen Sohn Guillermo alleine. Und seitdem leidet er an Schlafstörungen und sucht einen Therapeuten auf.
Jedoch gibt es auch berufliche Fälle, die ihn ablenken. So wird sein Augenmerk plötzlich auf die Österreicherin Sara Mahler gelenkt. Sara Mahler, die offensichtlich auf U-Bahn-Gleise sprang – und von einem herannahenden Zug erfasst wurde. Auf dem Gleis lag auch ein Mobiltelefon.
Die Polizei konfisziert das Telefon und stößt auf ein Foto, das Sara vor ihrem Tod gesehen haben muss. Drei tote Hunde, aufgeknüpft auf einem Baum. Was hat das Foto zu bedeuten? Wer sandte es Sara auf ihr Handy und warum?
Die Ermittlungen führen Hector Salgado zur Kosmetikfirma Alemany. Dort arbeitete Sara bis zu ihrem Tod. Kollegen und Chefs werden befragt. Weitere Fragen tun sich auf. Warum brachte einer von Saras Kollegen seine Familie und schließlich sich selbst um? Was geschah an dem Teambuilding-Wochenende, das sowohl Sara als auch dieser Kollege und sechs weitere Mitarbeiter der Firma Alemany besuchten?
Zwei Fragen stellen sich also dem Leser: Was ist mit Hectors Frau Ruth passiert? Warum sprang Sara Mahler aufs Gleis?
Meine Leseerfahrung/Meinung
Der Anfang war spannend, und so habe ich diesen aus der auktorialen Perspektive (also kein Ich-Erzähler) geschriebenen Krimi zunächst mit Begeisterung gelesen. Dabei störte es mich wenig, dass ich als Leserin kaum etwas über Barcelona erfahre – eine Stadt, die ich mag, da ich schon dort war.
Je länger ich las, desto langatmiger wurde aber der Krimi. Schuld war, dass der Autor viel zu viele Nebenfiguren und deren Umfeld einführt. So lese ich von César, der auch bei der Firma Alemany arbeitet, sowie seiner Stieftochter Emma. Ich lese von Silvia Alemany, die ebenfalls in dieser Firma tätig ist, und ihrem Bruder Victor.
Die Handlung spaltet sich auch bald in zwei sich separat von einander entwickelnde Ereignisstränge. Da ist zum einen der Tod der Sara Mahler, der von Hector Salgado und seinem Team aufgeklärt werden muss – zum anderen das Verschwinden von Ruth. Hier forscht die Ermittlerin Leire. Sie ist schwanger und befragt Leute, die mit Ruth zu tun hatten.
Ich finde, hier verzettelt sich der Autor. Weniger ist mehr – das gilt auch für die Anzahl der Personen in einem Roman. Die vielen Personen in „Der einzige Ausweg“ verwirren mich als Leserin immer wieder, und auch das Hin- und Herspringen zwischen diesen beiden Haupthandlungen. Zumal zum Schluss nicht alles aufgelöst wird. Es gibt einige Fragen, die ich beantwortet haben wollte in dem Buch – aber das ist leider nicht vollständig passiert.
Der Schluss einer der beiden Haupthandlungen ist gut, erinnert mich aber an ein Buch, das ich vor Jahren las. Würde ich sagen, um welches Buch es sich handelt, würde ich spoilern, und das mache ich nicht.
Die Hauptpersonen sind mir sympathisch. Zumindest Hector, der mir leid tut wegen des Stresses, den er hat mit den Ermittlungen und mit seinem Sohn und wegen seiner verschwundenen Frau. Auch Leire ist sympathisch. Sie ist schwanger und ermittelt aus vollem Herzen – das bewundere ich. Viele der Nebenfiguren – beispielsweise die Mitarbeiter der Firma Alemany – dagegen sind mir eher unsympathisch, wobei einige von ihnen ziemlich blass gezeichnet sind. Nebenfiguren eben. Einige von ihnen hätte man auch weglassen können, das hätte das Buch stellenweise weniger verwirrend und weniger langatmig gestaltet.
Ich habe das Buch letztendlich nur deswegen schnell zu Ende gelesen, weil ich über drei Stunden in der Ambulanz eines Krankenhauses auf einen Arzt wartete und deswegen Zeit hatte zum Lesen. Noch einmal lesen werde ich es nicht – und ich hatte nach dem interessanten Anfang ein besseres und packenderes Buch erwartet.
Mein Fazit
„Der einzige Ausweg“ von Antonio Hill ist ein mittelmäßiger Krimi, der überaus interessant anfängt, dann aber schnell nachlässt. Schuld sind die vielen Personen, die darin vorkommen, und die beiden Handlungsstränge, von denen einer nicht mal vollständig aufgelöst wird.
Ich hatte mir mehr erwartet von dem Krimi, sollte aber noch positiv erwähnen, dass es sich hier um einen unblutigen Krimi handelt, was ich überaus schätze.
Ich vergebe drei von fünf Sternen und eine Leseempfehlung für Leute, die sich die Zeit nehmen wollen, sich dieser Art von Krimihandlungen zu widmen und denen es nichts ausmacht, wenn am Schluss eines Romans nicht alle Rätsel gelöst werden.
P.S.: Meine Rezensionen erscheinen noch auf anderen Plattformen – z.B. bei Ciao.de unter „Sydneysider47“ sowie bei vorablesen.de unter „adel69“ und Amazon.de unter „Irina Melbourne“.