Vor einigen Wochen habe ich folgenden Roman zu Ende gelesen habe. Ich hatte ihn aus der Bücherei hier am Ort zum Lesen ausgeliehen.
Settlers Creek
Autor: Carl Nixon
Verlag: Weidle-Verlag
ISBN-Nummer: 978-3938803608
Seitenzahl: 344 Seiten
Erscheinungsdatum in Deutschland: September 2013
Das Buch ist in Deutschland als Hardcoverausgabe mit Schutzumschlag erschienen und kostet im Buchhandel 23 Euro.
Über Carl Nixon
Carl Nixon ist ein neuseeländischer Autor, der 1967 in Christchurch (Neuseeland, Südinsel) geboren wurde. Er lebt und arbeitet noch dort.
Durch seinen ersten Roman „Rocking Horse Road“ (der auf Deutsch ebenfalls im Weidle-Verlag erschien) machte er sich als Autor einen Namen.
„Settlers Creek“ ist sein zweiter Roman.
Leseprobe
Eine vom Verlag genehmigte Leseprobe findet man beim Internet-Händler Amazon.de. Man ruft den Artikel auf und klickt auf die Option „Hier Blick ins Buch“. Der Link dazu ist folgender:
Die Aufmachung des Buches
Normalerweise verliere ich über die Aufmachung eines Buches keine Worte. Denn Buchumschläge können sich ändern. Das passiert beispielsweise, wenn von einem Buch eine Sonderausgabe erscheint, die preisgünstiger ist als die zuerst erschienene Ausgabe.
Zu „Settlers Creek“ möchte ich sagen, dass mich die Fotos zu Beginn des Buches sofort ansprechen. Es sind fünf doppelseitige Farbfotos enthalten, die mich an einen Bildband erinnern. Berge, Seen, Landschaften. Neuseeland, wie es die Touristen lieben. Solche Bilder machen noch mehr Spaß auf das Buch – sie sprechen an.
Ansonsten finde ich auch das Titelbild, das den Umschlag des Hardcoverbuches ziert, sehr ansprechend. Ein See und ein Steg, der in den See hineinragt. In Schwarz-Weiß gehalten, aber dennoch ansprechend. Auf das Titelbild wäre ich gar nicht eingegangen, gäbe es nicht die schönen Farbfotos zu Beginn des Buches.
Box hat seinen Sohn verloren – oder: die Handlung
Box Saxton war einst erfolgreicher Bauunternehmer und Immobilienmakler in der neuseeländischen Stadt Christchurch, bevor die Finanzkrise kam. Von einem Tag auf den anderen verlor er seine Häuser und sein Vermögen und musste von da an mit seiner Frau Liz in einer Mietwohnung leben. Die Privatschule für seinen Sohn Mark und die Tochter Heather konnte er sich nicht mehr leisten.
Als Bauarbeiter hält er sich jetzt recht und schlecht über Wasser und versucht, seine laufenden Kosten und die seiner Familie zu bezahlen.
Eines Tages erhängt sich sein 19-jähriger Sohn Mark im Wald. Alle sind fassungslos, denn irgendwelche Vorzeichen für den Selbstmord gab es nicht. Ein älterer Mann findet die Leiche im Wald und benachrichtigt die Polizei. Diese macht Marks Familie ausfindig und informiert Liz. Liz ruft Box an, der in einer weiter entfernten Stadt in Neuseeland als Bauarbeiter tätig ist.
Wie in Trance reist Box nach Hause. Er nimmt das Flugzeug und versucht, seinen Kummer in Bier zu ertränken. Zu Hause versucht er, die Beerdigung Marks zu organisieren und seiner Frau Liz und der gemeinsamen Tochter Heather in deren Trauer beizustehen. Mark ist ihm ans Herz gewachsen, auch wenn es nicht sein leiblicher Sohn war, sondern der eines Maori („Ureinwohner“ Neuseelands).
Plötzlich taucht Marks leiblicher Vater auf – ein Maori, namens Tipene, der einst Steve hieß. Jahrelang hatte er sich nicht für seinen Sohn interessiert, aber nun will er ihn auf die Art und Weise, wie sie bei den Maori üblich ist, bestatten. Er schafft es, mit einigen Freunden Marks Leiche zu rauben. Box fährt ihm hinterher und verfolgt ihn…
Ein trauriges Buch – oder: meine Leseerfahrung
Weil ich selbst schon in Neuseeland war, interessierte ich mich für dieses Buch. 1997, als ich dieses Land besuchte, kannte man noch keine Finanzkrise. Bauplätze und Häuser in Christchurch waren teuer – aber auch heiß begehrt bei Käufern. Besonders Hong-Kong-Chinesen interessierten sich dafür, wie ich von einer deutschsprachigen Reiseleiterin erfuhr.
Ungefähr in den Jahren 2007 und 2008 litt Neuseeland unter der Finanzkrise (so lese ich es im Internet), die Handlung des Buches muss sich also 2008 und 2009 abspielen, da das Buch in Neuseeland 2010 erschien.
Das aus der auktorialen Perspektive (kein Ich-Erzähler) in der Vergangenheit geschriebene Buch fesselt mich sofort. Es sind nicht nur die traurige Geschichte und der ausschmückende, schöne Schreibstil, die mich packen, sondern auch der sympathische Hauptcharakter Box. Er versucht sein Bestes, mit der Trauer um seinen Sohn Mark fertig zu werden. Er ist durcheinander, fragt sich, warum Mark sich das Leben nahm – und er geht in den Wald zu dem Baum, an den sich Mark aufhängte. Er redet mit dem älteren Herrn, der Mark fand. Er erinnert sich zurück, versucht, Klarheit zu finden für sich selbst.
Liz und Heather sind in dem Buch Nebencharaktere – sie kommen selten darin vor.
Oft dagegen wird erwähnt, dass Mark tot ist und die Familie macht sich Gedanken darüber. Leider wird nie klar, warum Mark aus dem Leben schied. Und genau das fehlt mir. Denn für mich ist neben Box auch Mark ein Hauptcharakter in dem Roman. Marks Tod ist der Dreh- und Angelpunkt für die Handlung in dem Buch. Weil er sich umgebracht hat, agieren die weiteren Personen so, wie sie es tun. Marks Tod zieht also eine bestimmte Abfolge von Ereignissen nach sich. Beispielsweise Box’ übermäßiger Bierkonsum am Flughafen und das Auftauchen von Tipene, der sich zu Marks Lebzeiten nie für ihn interessierte.
Box trauert und erinnert sich an Mark und an seine eigene (Box’) Jugendzeit. Tipene und einige seiner Freunde stehlen die Leiche. Das ist eine unerhörte Wendung – nicht unbedingt das, was ich in einem Roman lesen will. Ich empfinde so etwas als Herabwürdigung eines Toten. Vor allem, weil einiges mit dieser Leiche passiert – da fühle ich mich nicht gut, wenn ich so etwas lese. Andererseits will ich wissen, wie die Geschichte ausgeht, um die Maori besser zu verstehen – denn ich habe viele von ihnen in Neuseeland gesehen und bekam einen kleinen Einblick in ihre Kultur und ihre Sitten. Wie sie mit ihren Toten umgehen, davon habe ich allerdings nichts erfahren – und das interessierte mich. Und deswegen las ich das Buch auch zu Ende.
„Settlers Creek“ von Carl Nixon ist ein flüssig geschriebener Roman über einen Mann, der seinen Sohn verliert und sich mit den Folgen “herumschlagen” muss. Gut finde ich die Beschreibung der Finanzkrise und deren Auswirkungen – auch die Personen, besonders der Hauptcharakter Box, sind vorwiegend sympathisch.
Über Marks Beweggründe, aus dem Leben zu scheiden, hätte ich gerne mehr gelesen. Außerdem gefällt es mir nicht, wie die Leiche entwendet wird – und was dann mit ihr passiert. Deswegen ziehe ich auch einen Stern in der Gesamtwertung ab. Wenn ich schon ein trauriges Buch lese, dann will ich wirklich ALLES wissen über die darin vorkommenden wichtigen Charaktere.
Ich vergebe 4 von 5 Sternen und eine Leseempfehlung.
P.S.: Diese Rezension habe ich Ende März 2014 auch schon bei der Verbraucherplattform Ciao.de unter meinem Usernamen „Sydneysider47“ veröffentlicht.